550 Jahre sind ein guter Grund zum Feiern

Momentaufnahme früheren Dorflebens: Josef Barth beim Brotbacken im Freien.
Momentaufnahme früheren Dorflebens: Josef Barth beim Brotbacken im Freien.
Fotos: Ortsgemeinde Sitzerath

Saarbrücker Zeitung vom 6. Juli 2017

Sitzerath. Sitzerath bereitet sich auf ein Festwochenende vor. Zum 550-jährigen Bestehen des Dorfes hat man sich einiges einfallen lassen.
Sitzerath, das nördlichste Dorf im Saarland, gibt es seit dem Jahre 1467. Von diesem Freitag, 7., bis Sonntag, 9. Juli, feiert der Ort sein 550-jähriges Bestehen mit einem großen Dorffest. 17 Vereine sind mit den Vorbereitungen und der  Durchführung der Feierlichkeiten zum Jubiläum beschäftigt, erzählt Ortsvorsteherin Lieselene Scherer (CDU). Bei der Dorffeier vor 50 Jahren sind in Sitzerath 845 Einwohner gezählt worden, aktuell leben 720 Menschen im Dorf.
Wie hat sich das Dorfbild im zurückliegenden halben Jahrhundert verändert? Ex-Ortschef Alfred Schmitt (von 1989 bis 2014 im Amt) blickt zurück: Grundschule, Kindergarten, Poststelle, Lebensmittelgeschäfte und Bäckerei seien verschwunden, aber Leerstände seien deshalb nicht zu beklagen. „Die Gebäude sind zu Wohn- oder Geschäftszwecke umgewidmet worden“, berichtet Schmitt. Das Baugebiet Erker II ist entstanden und das katholische Pfarrheim von der Kirche an die Zivilgemeinde verkauft worden. Es wird als Dorfgemeinschaftshaus an der 2006 fertiggestellten Benkelberghalle genutzt. Dort kommt demnächst ein Raum für Vereine und die Jugend dazu. „Das alte Pfarrheim wird abgerissen und eine Verbindung zur Benkelberghalle geschaffen“, sagt Ortsvorsteherin Scherer. Ein Neubaugebiet sei beantragt und dem Dorfplatz stehe zudem eine Neugestaltung bevor, damit er neben Halle zum zweiten Dorfmittelpunkt werde.
„Wir brauchen für die Zukunft ein ordentliches Mobilfunknetz und schnelles Internet“, schaut Scherer voraus. Auch die Anbindung zum Lohbach soll mit der Errichtung von Stegen und Brücken verbessert werden. Schon unter Schmitts Regie hat das Dorf das Ziel vor Augen gehabt „nicht nur geografisch ganz oben zu sein“ und bei Wettbewerben zahlreiche Preise und Auszeichnungen abräumen können. Besonders durch die Umsetzung des Maßnahmenprogramms Teilnehmergemeinschaft sei vieles zur nachhaltigen Dorfentwicklung getan worden, so Schmitt.
Seine Nachfolgerin Scherer, seit 2014 im Amt, ist stolz auf den Zusammenhalt im Ort. „Das Vereinsleben funktioniert bei uns einwandfrei“, freut sie sich. Der Theaterverein bringt pro Spielzeit vier Aufführungen auf die Bühne. Ein Seniorentreff organisiert mehrmals im Jahr Zusammenkünfte und der Kirchenchor sei mit 30 Sängern „stattlich besetzt“. Die katholische Jugend kümmert sich jedes Jahr um das Maibaumsetzen und die katholische Frauengemeinschaft engagiert sich sowohl in kirchlichen als auch im kommunalen Bereich. Auch der Sportverein, die Garten- und Naturfreunde sowie der Männergesangverein bilden wichtige Pfeiler des Vereins- und Kulturlebens. Saarlandweit bekannt ist die historische Nagelschmiede, die an das Kelterhaus der Garten- und Naturfreunde angegliedert ist. In Sitzerath kann man sogar den Jagdschein erwerben. Vor gut zehn Jahren ist die private Jägerschule Seibt in die ehemalige Grundschule eingezogen.

„Die Gebäude sind zu
Wohn- oder Geschäfts-
zwecken umgewidmet worden.“
Alfred Schmitt
Ex-Ortschef erzählt, wie sich das Dorfbild
im Laufe der Zeit verändert hat.

Die Entstehung von Sitzerath ist, wie bei allen Dörfern, deren Namen auf -rod oder -rath enden, auf eine Rodung zur Neulandgewinnung zurückzuführen. Im Kurstaat Trier gab es nachweislich drei Rodungsabschnitte. Seinen Namen hat das Dorf von einem Rodungsleiter, der Sizzo oder Sisso geheißen haben soll. Aus „Rodung des Sizzo“ wurde später Sitzerath. In einer Urkunde aus dem Jahre 1553 gibt es einen Hinweis auf das Jahr 1467, wo der Name Sitzerath auftaucht.
Dass das Dorf gerade dort entstand, wo es heute liegt, ist leicht zu erklären. Schon in der Frühzeit siedelten die Menschen gern an sanften Hängen über einem Talgrund mit einem Bach oder einer stark fließenden Quelle. Auf einer Karte aus dem Jahre 1566 und einer von 1751 ist der Ort Sitzerath immer rechts des Lohbaches gezeichnet. Vermutlich lag das Dorfzentrum von Sitzerath beim heutigen Landgasthaus Paulus „in den Bungerten“. Später dehnte sich das Dorf über den Lohbach hinweg aus. Der Flurname „Im Dorf“ erinnert noch an den alten Dorfkern.
1948 wurde bei Ausschachtungsarbeiten ein ausgehöhlter großer Eichenstamm gefunden, den man irrtümlich für ein Boot hielt. Untersuchungen von Experten ergaben jedoch, dass es der wohl 500 Jahre alte Trog des Dorfbrunnens war. Der Trog war überflüssig geworden, weil man im 18. Jahrhundert den Lohbach umleitete (Karten belegen dies), um die Dorfwiesen besser bewässern zu können.
Sitzerath gehörte seit seiner Gründung bis zum Jahre 1794 zum Kurstaat Trier, von 1794 bis 1814 zum Departement de la Sarre, Arrondissement Trier, Conton Wadern. Eine kurze Zeit gehörte Sitzerath als Exclave zur Mairie Neunkirchen/Nahe, Arrondissement Birkenfeld. Von 1814, nach den Befreiungskriegen, kam das zur vorläufigen Verwaltung nach Kreuznach, Kreis Birkenfeld, Conton Wadern, Bürgermeisterei Neunkirchen/Nahe. 1816 bis 1946 gehörte Sitzerath zum Land Preußen, Rheinprovinz, Regierungsbezirk Trier, Landkreis Trier, Bürgermeisterei Otzenhausen, die 1934 in Bürgermeisterei Nonnweiler umbenannt wurde. (Quelle: Chronik Sitzerath, Autoren: August Meter, Alfred Schmitt, Hans-Josef Barth).

Historische Ansichten von Sitzerath zeigen diese beiden Postkarten
Historische Ansichten von Sitzerath zeigen diese beiden Postkarten
(oben und unten).FOTO: Schmitt / SZ
Historische Ansichten von Sitzerath zeigen diese beiden Postkarten