Aus der Chronik von Sitzerath

(August Meter, Alfred Schmitt, Hans-Josef Barth)

Wo und wie Sitzerath entstand

Wenn auch nicht durch eine Urkunde genau festgeschrieben, kann man die Entstehung Sitzeraths um 1100 nach Chr. annehmen. Hiefür gibt es folgende Gründe:
Sitzerath ist wie alle Dörfer deren Namen auf rod oder rath enden, auf eine Rodung zur Neulandgewinnung zurückzuführen. Im Kurstaat Trier gab es nachweislich drei Rodungsabschnitte. Sitzerath gehörte in die mittlere Periode. Laut Anordnung des Erzbischofs von Trier waren ab dem Jahre 1200 jegliche Rodungsmaßnahmen in seinem Bannwald verboten. Dass unser Dorf nicht früher namentlich genannt wird, die erste Erwähnung geschah durch den Zender von Wadrill, der 1452 einen Besitz mit den Worten angibt: „... hinter Sizzenroder Wald“, liegt daran, dass die wenigen Häuser unseres Dorfes einfach zu dem schon 981 bestehenden größeren Ort Wadrill hinzugerechnet wurden.

1967 wurde in Sitzerath 500 Jahre Gemeinde Sitzerath - 1467 – 1967 – gefeiert. 1964 wurde erstmals das Foto einer Urkunde in der „Gusenburger Ortskunde“ von Edmund Schömer, Hermeskeil, veröffentlicht. In der Urkunde aus dem Jahre 1553 gibt es einen Hinweis auf das Jahr 1467. Der Name Sitzerath steht in den Zeilen 23 und 24, das Datum beginnt bei Zeile 9: Anno Domini millesimo quadringentesimo sexagesimo septimo……Edmund Schömer schreibt hierzu folgendes: „Vor dem Offizial in Trier fand 1553-55 ein Prozess statt zwischen dem Pastor Johannes in Wadrill und der Gemeinde Grenderich wegen der Verpflichtung des Pastors zur Abhaltung des Gottesdienstes in Grenderich. Die darin abschriftlich enthaltene Urkunde vom 13.1.1468 (1467 nach Trierer Stil), über einen Schiedsspruch in einem ähnlichen Streit enthält wiederum die Urkunde vom 10.9.1467, in der die beiden Parteien sich auf gestimmte Schiedsrichter einigen. Die Urkunde umfasst etwa 100 solcher Seiten. Der Name Sitzerath kommt darin noch öfters vor.“

Die ab dem Jahre 900 stetig wachsende Bevölkerung in unseren Hochwalddörfern zwang den Landesherrn dazu, Teile seines Bannwaldes zur Rodung freizugeben, um Ackerland zur Ernährung der Menschen zu schaffen. Mit der Leitung dieser Rodungsmaßnahmen beauftragte er einen seiner Vasallen. In unserer Gemarkung hatte bei der Rodung ein Mann Namens Sizzo oder Sisso das Sagen. War eine Rodung fertiggestellt, gab man ihr der Einfachheit halber sehr oft den Namen dieses Rodungsleiters. So heißt der Name unseres Dorfes schlicht und einfach „Rodung des Sizzo“ und daraus wurde im Laufe der Jahrhunderte:
1452 – Sizzenrod, 1454 – Sitzenrod, 1467 – Setzenrait, 1529 – Sitzenrat, 1542 –Sötzenraiit, 1569 – Sychert, 1577 – Secert, 1752 – Sizerath, im 18. Jhr. – Zitzenroden

In der preußischen Zeit heißt es in einem Schreiben „grieff in Sitzerater walt“ (Grube im Sitzerather Wald). Ab Mitte des 19. Jh. gab es die feste Schreibweise Sitzerath, die vom preußischen Staat festgelegt war. Prof. Dr. Ernst Christmann aus Kaiserslautern schreibt: „Der Name Sizzo, Sizo oder Sisso (weil man irrtümlich die beiden „Z“ als „S“ las) war im frühen Mittelalter ein weit verbreiteter Name. Sizzo ist eine Abwandlung des Namens Siegfried oder Sigifried (heute noch als Sigi im Sprachgebrauch). Sizzo ist die Verkleinerungsform von Sigifried, quasi Kosename.
Dass unser Dorf gerade dort entstand, wo es heute liegt, ist leicht zu erklären. Schon in der Frühzeit siedelten die Menschen gern an sanften Hängen über einem Talgrund mit einem Bach oder einer stark fließenden Quelle. Man achtete darauf, dass das Gelände nach Süden und Westen offen, im Norden und Osten durch hohe Berge gegen die kalten Winde geschützt war. Alle diese Kriterien erfüllte unsere Gemarkung in hohem Maße. Interessant ist, dass auf einer Karte aus dem Jahre 1566 und einer von 1751 der Ort Sitzerath immer rechts des Lohbaches gezeichnet ist. Vermutlich lag das Dorfzentrum von Sitzerath beim heutigen Landgasthaus Paulus „in den Bungerten“. Später dehnte sich das Dorf über den Lohbach hinweg aus. Der Flurname „Im Dorf“ erinnert noch an den alten Dorfkern. 1948 wurde bei Ausschachtungsarbeiten ein ausgehöhlter großer Eichenstamm gefunden, den man irrtümlicher Weise als ein Boot hielt. Untersuchungen von Experten ergaben, dass es der wohl 500 Jahre alte Trog des Dorfbrunnens war. Der Trog war überflüssig geworden, weil man im 18. Jh. den Lohbach umleitete (Karten belegen dies) um die Dorfwiesen besser bewässern zu können.

Man tat dies auch, um „in der Retzwiese“ eine Flachsröste bauen zu können (Retz ? rösten). Dabei erhielt der Lohbach so viel Gefälle, um eine kleine Mühle zu betreiben. Nur der Name „Mühlenloch“ ist davon geblieben. So erging es auch einem größeren Gebäude des Grundherren „Im Ermerich“, von dem man nur noch Mauerreste sieht.

An Hand der Einwohnerzahlen können wir viel von der Entwicklung unseres Heimatdorfes erfahren. Hier helfen uns die Steuer- und Abgabenlisten. Bei Gründung unseres Dorfes wohnten schätzungsweise nur 20 – 30 Menschen hier. Nach der Zahl der Gehöferschaften, die die Abtei Mettlach in Sitzerath besaß, wuchs die Zahl der Einwohner auf 50 – 70 an. Geht man von den bekannten Bevölkerungszahlen des Amtes Grimburg aus und vergleicht diese mit der allerersten Auflistung der Haushaltsvorstände in Sitzerath durch die Pflege Reinsfeld aus dem Jahre 1542, so könnte die Einwohnerzahl von Sitzerath recht konstant bei 50 – 70 Personen gelegen haben. Hier der genaue Wortlaut der Liste:
„Diese hernachtsyndtt underthaner zum huiß Grimburg gehoirisch aufgezeuchnett uff mandag anno domini 1542
Sötzenraiit:

  • Henrich als sein vermugen 4 gulden
  • Meirtten als sein vermugen 1 gulden
  • Mychell als sein vermugen 4 gulden
  • Petter als syn vermugen 4 gulden, 6 kreuzer
  • Engelnn Hans als syn vermugen  12 Batzen, 3 kreuzer
  • Schumachers Johan als syn vermugen 4 gulden, 3 kreuzer
  • Atthoni Schumacher als sys vermugen 12 kreuzer
  • Schiden Klais, scheffer als sys vermugen 9 kreuzer

August Meter schreibt hierzu: „Wenn man die Grimburger Steuerliste von 1542 mit ihren neun Hauhalten zu Grunde legt und pro Haushalt mit Eltern, Voreltern und durchschnittlich drei Kinder rechnet, hätten in Sitzerath damals 63 Leute gelebt. 1563 hatten Wadrill und Sitzerath zusammen 36 Feuerstellen = Haushalten.

Im Jahre 1684, sechsunddreißig Jahre nach dem verheerenden Dreißigjährigen Krieg gab es in Wadrill noch acht und in Sitzerath noch fünf Familien. Das hieße für Sitzerath nur noch 20 – 30 Einwohner, trotz des Zuzugs von Leuten aus dem untergegangenen Dorf Grenderich.

Hier die Einwohnerzahlen bis heute:

  • 1788 - 221 Personen
  • 1816 - 279 Personen
  • 1871 - 461 Personen
  • 1880 - 504 Personen
  • 1910 - 802 Personen
  • 1939 - 695 Personen
  • 1939 - 695 Personen
  • 1946 - 718 Personen
  • 1966 - 845 Personen
  • 1992 - 891 Personen
  • 2003 - 850 Personen
  • 2012 - 756 Personen

Sitzerath gehörte seit seiner Gründung um 1100 bis zum Jahre 1794 zum Kurstaat Trier. Von 1794 bis 1814 zum Departement de la Sarre, Arrondissement Trier, Conton Wadern. Eine kurze Zeit gehörte Sitzerath als Exclave zur Mairie Neunkirchen/Nahe, Arrondissement Birkenfeld. Von 1814, nach den Befreiungskriegen, gehörte unser Dorf zur vorläufigen Verwaltung in Kreuznach, Kreis Birkenfeld, Conton Wadern, Bürgermeisterei Neunkirchen/Nahe. (1814/15 Wiener Kongress)
1816 – 1946 gehörte Sitzerath zum Land Preußen, Rheinprovinz, Regierungsbezirk Trier, Landkreis Trier, Bürgermeisterei Otzenhausen, die 1934 in Bürgermeisterei Nonnweiler umbenannt wurde. (Die Franzosen hatten die Mairie Otzenhausen 1794 eingerichtet, weil sie die Bürgermeistereien immer nach dem einwohnerstärksten Dorf benannten. Die Amtsverwaltung war nie in Otzenhausen. Sie war anfangs in Mariahütte und dann in Nonnweiler bis heute)
1946 – 1959 – Saarlandzeit – Abtrennung von Deutschland.

Dies im Einzelnen für Sitzerath:

  • 18.7.1946 Regierungsbezirk Saar
  • 15.12.1947 Saarland
  • 1.5.1946 Kreis Wadern
  • 1.10.1946 Kreis St. Wendel
  • 1.1.1957 politischer Anschluss an Deutschland
  • 6.7.1959 wirtschaftliche Wiedervereinigung – BRD
  • 1959 bis heute Gemeinde Nonnweiler
  • 1.1.1974 Gebiets- und Verwaltungsreform im Saarland

Das Amt Nonnweiler wird Gemeindeverwaltung, der frühere Amtsvorsteher heißt jetzt Bürgermeister, die Bürgermeister der einzelnen Dörfer des Amtsbezirkes (jetzt Ortsteile genannt) werden Ortsvorsteher. Der Gemeinderat setzt sich aus Vertretern aller Ortsteile zusammen, er allein bestimmt letztlich, was in den einzelnen Ortsteilen geschieht. In den einzelnen Dörfern wird ein Ortsrat gewählt, dem der Ortsvorsteher vorsitzt. Der Ortsrat in Sitzerath hat neun Mitglieder. Ortsräte haben nur eine beratende Funktion.
Der ehemalige Amtsbezirk Nonnweiler gab die sog. „Bachdörfer“ – Kostenbach, Buweiler und Rathen an die Stadt Wadern ab und erhielt dafür Schwarzenbach, das zuvor zum Amt Nohfelden gehörte.

Urkunde aus dem Jahre 1553

Urkunde Sitzerath Chronik

Foto: Staatsarchiv Koblenz
Abt. 1 C 11875.